Mission Analysis

 

So richtig interessant wurde es beim Durcharbeiten des "Military Decision Making Process". Dabei wurden wir richtig gehend ins kalte Wasser geworfen, indem wir in zwei Bataillonsstäbe eingeteilt wurden und den OPORD (Operation Order) erhielten. Der Auftrag lautete: in 36 Stunden findet das "Mission Analysis Briefing" statt. Go!

 

Als Offizier der Schweizer Armee in der Funktion S3 hätte ich sofort gewusst, was zu tun ist. Hier kämpften wir uns zuerst einmal alle durch das Befehlsdossier, bevor der Bataillonskommandant Stellvertreter seine Stabsgliederung und die Aufträge bekannt gab. Und das Dossier bot für mich einige Überraschungen. Nebst den vielen Abkürzungen ist das Dossier zwar ähnlich aufgebuat wie das Unserige, aber eben doch halt nicht genau gleich. So brauchte ich beispielsweise sehr viel Zeit, um herauszufinden, was für zusätyliche Kräfte unserem Bataillon unterstellt bzw. zugewiesen sind. Und als ich diese Angaben hatte, folgten die Fragen: was ist genau ein COLT TM? und wieviele Helikopter hat ein ATK AVN PLT attached OPCON? 

 

Es war sehr interessant, insbesondere die Zusammenarbeit mit dem S2. Ich musste mich teilweise vom klassischen Format der Auftragsanalyse verabschieden. Trotzdem konnte ich viele gute Punkte einbringen (Risk Management, das Beachten von Handlungsrichtlinien, Konsequenzenliste). Mühe hatte ich indessen, mich im Bereich "weniger ist mehr" durchzusetzen. Gewisse Stabsmitarbeiter hatten das Gefühl, dass die Qualität der Folien steigt, je mehr dass darauf geschrieben steht. Zudem schienen mir am Schluss die Konsequenzen nicht so klar, wie diese bei der gewohnten Methode herauskommen.

 

Das Briefing verlief aber gut, es folgte eine lange, lehrreiche Diskussion. Und nun heisst es wieder: "Helm auf, weiterkämpfen!"

 

Course of Action

 

Weiter ging es mit dem Entwickeln von eigenen Varianten. Der S2 hatte unterdessen seine gefährlichste und wahrscheinlichste gegnerische Möglichkeiten aufgezeigt. In der nun folgenden Phase ging es hektisch zu und her, und das Zusammenspiel im Stab war nicht ganz einfach. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass der S2 und S3 von Anfang her Hand in Hand arbeiten müssen, damit sie letztendlich dasselbe Bild vom Gefechtsfeld haben. Ich hatte in dieser Phase die Funktion des Fire Support Officers (FSO) und entwickelte zusammen mit dem S3 die eigenen Varianten mit Stärken und Schwächen.

 

Das Briefing verlief ähnlich unserem Entschlussfassungsrapport. Wir trugen die Varianten vor, der Kommandant stellte viele Fragen. Nach der Variantenbewertung und –prüfung und nach diversen kleineren Anpassungen arbeiteten wir den Warning Order 2 aus. Damit war diese Phase abgeschlossen.

 

Nun entwickelten sich auch erstmals Spannungen im Stab (und zum Small Group Leader), dies weil nicht alle dieselbe Auffassung von Stabsarbeit (und vorallem Einsatzzeiten) hatten. So kam es zu einer Diskussion zwischen einem Offizier aus dem arabisch sprechenden Raum und unserem Instruktur, welche den Kulturunterschied sehr deutlich aufzeigte. Sind sich die Amerikaner gewohnt, zu sagen was sie denken und zudem in der Lautstärke und vor dem Publikum, welches sie wollen. Kommunikation ist dann einseitig. Andere Menschen sind sich gewohnt, Konflikten aus dem Weg zu gehen oder diese unter vier Augen in der geschlossenen Kammer auszutragen. Auch innerhalb des Stabes zeigte sich, welches die Leaderfiguren und welches die Mitläufer sind...